Offener Unterricht

21 Dezember, 2006

Projektunterricht

Eine Alternative zum Frontalunterricht?


In der Didaktik ist man sich über die Definition von Projektlernen uneinig. Die einen bezeichnen Projektlernen als „umfassendes didaktisches Konzept“, die anderen als „eingeschränktes methodisches Konzept“. Die Uneinigkeit beginnt schon bei der Begriffsbezeichnung. BAUER spricht beispielsweise von „Projektmethode“, HACKL von „Projektunterricht“, MEYER von „Projektorientiertem Lernen“. Dabei bezeichnen alle Projektdefinitionen denselben Gegenstand, nämlich „eine methodische Großform“, eine Form „offenen Unterrichts“. Allerdings ist zu erwähnen, dass zwischen „projektorientiertem Lernen“ und „Projektlernen“ Unterschiede bestehen, auf die im Weiteren nicht eingegangen werden soll.
PRIEM versteht unter dem Projektbegriff ein „handlungsorientiertes, fächerübergreifendes Lernunternehmen, das durch hohe Selbsttätigkeit und Selbstständigkeit der Schüler gekennzeichnet ist und unter maßgeblicher Schülerbeteiligung geplant, durchgeführt und nachbereitet wird“.

Merkmale
(nach RINSCHEDE 2003, S. 249)
- Bedürfnisbezogenheit / Orientierung an den Interessen der Beteiligten,
- Situationsbezogenheit / Wirklichkeitsnähe,
- Interdisziplinarität,
- Selbstorganisation und Selbstverantwortung,
- Zielgerichtete Projektplanung / begrenzte Aufgaben- und Problemstellung,
- Kollektive Realisierung / soziales Lernen,
- Einbeziehung vieler Sinne,
- Produktorientierung,
- Gesellschaftliche Praxisrelevanz.

Probleme und Grenzen
(nach RINSCHEDE 2003, S. 250)
- Die Projektmethode ist kein optimales Verfahren für eine schnelle Erarbeitung von Inhalten,
- Die Projektmethode ist nicht für die Vermittlung von eng gefassten und leicht überprüfbaren Lernaufgaben geeignet,
- Die Lernkontrolle gestaltet sich schwieriger,
- Benachteiligung von gehemmten und schwachen Schülern,
- Eine schwierige und aufwendige Unterrichtsmethode für den Lehrer.

Konsequenz von Rinschede (2003, S. 251): „Aus diesen Gründen ist der Projektunterricht auf die Ergänzung durch den traditionellen Lehrgang-Unterricht angewiesen“.

Projektablauf
(nach Peterßen 2001, S. 238-243)
Peterßen ist der Meinung, dass ein Projekt mindestens aus fünf Phasen bestehen muss, die unterschiedliche Ziele verfolgen:
- Initiativphase
Phasenziel: Die Linie, die die Gruppe anstrebt, muss die Zustimmung aller finden.
Didaktischer Kommentar: Wie viele Didaktiker ist Peterßen geteilter Meinung bezüglich der Impulse: Einerseits befürwortet er Schülerinitiativen, bei denen dem Lehrer eine passive Rolle zukommt, andererseits berücksichtigt er auch die Realität in der Schule: Stoff-, Zeit- und Vorschriftendruck sprechen ggf. für äußere Impulse. Lehrer sollten mit Anregungen und Projektvorschlägen in die Klassen treten- keineswegs mit fertigen Projektideen oder Problemstellungen aus Lehrersicht.
- Informationsphase
Phasenziel: Ausführliche Informationssammlungen
Didaktischer Kommentar: Fördern der Methodenkompetenz à viel Zeit für eigenständige Informationsrecherche der Schüler. Schüler sollten sich über den momentanen Informationsstand austauschen, eine Gliederung/Struktur entwickeln. Lehrer übernimmt wieder passive Rolle, allenfalls Tipps zur Informationsbeschaffung.
- Planungsphase
Phasenziel: Erstellung eines Ablaufplans: inhaltlich und formal!
Didaktikscher Kommentar: Entscheidende Phase (Handlungsfähigkeit)
Fachlich-sachliche Gesichtspunkte von Bedeutung. Lernen der Struktur der Realität am Beispiel, Treffen sachgerechter Entscheidungen.
Gliederung Verlaufsplan: Arbeitsschritte à Arbeitsform à Arbeitsform.
Soziale Gesichtspunkte: Zusammenarbeit der Gruppe
Methodische Einsichten: Fördern der Planungsfähigkeit = Kernstück der Handlungsfähigkeit. Lernen von Zielsetzungen
Moralische Gesichtspunkte: ggf. aktiver Part des Lehrers, allerdings nur Hilfestellungen, die zum Nachdenken anregen sollen.
Planung sollte sich schon auf die Verifikationsphase beziehen, um sich auf ein Ziel festzulegen.
Didaktische Schwierigkeiten für Lehrer: Lehrer in passiver Rolle; steht auf Abruf bereit- nicht aufdrängen!
- Produktionsphase
Phasenziel: Erarbeitung und Fertigstellung des Projekts.
Didaktischer Kommentar: Umsetzung des Vorhabens
Empfohlenes didaktisches Mittel: Räsonieren (=Denken und Handeln sind verschiedene Prozesse, die durch Reden verbunden werden, vgl. Peterßen 2001, S. 249).
Warum Produktbegriff? Eine Sache, die eigenständig von den Schülern hergestellt wurde, die so noch nicht existiert.
- Verifikationsphase
Phasenziel: Nachprüfbarkeit des Produkts
Didaktischer Kommentar: Soll-Ist-Vergleich
Warum Verifikationsphase? Nicht nur der Ist-Zustand ist entscheidend, sondern die Konsequenz, d.h. das Produkt muss mit dem Geplantem übereinstimmen. Dem Lehrer kommt die Aufgabe der Evaluation zu Gute. Lehrer sollten Schüler dazu anregen, ihr eigenes Verhalten während des Produzierens zu protokollieren (vgl. Peterßen 2001, S. 238-243).

Zwei weitere Phasen, die Präsentations- und Aktionsphase, sind laut Peterßen nicht Bestandteil eines Projekts, sondern können Ergänzungen darstellen.

Besonderheiten von Projektunterricht/
Abgrenzung zum traditionellen Unterricht

(nach Hackl 1994, S. 143-144)
Besonderheit von Projektunterricht
- Schülerorientierung bzgl. Planung, Vorbereitung, Durchführung sowie Auswertung Verlaufs
- Die inhaltliche Abgrenzung richtet sich nach der Aufgabenstellung (interdisziplinär)
- Exkursionen und Ausflüge sollen den Unterricht erweitern, um bestimmte Gegenstände beobachten zu können.
- Lernziele ergeben sich aus den Interessen der Schüler
- Leistungen werden ggf. gemeinsam kritisch bewertet, Zufriedenheit der beteiligten Schüler mit der Problemlösung ist ausschlaggebend
Abgrenzung zum traditionellen Unterricht
- passives Aufnehmen, Lehrer in aktiver Rolle
- Die inhaltliche Abgrenzung des Lernfeldes erfolgt nach dem üblichen Fächerkanon (nach Lehrplan)
- Lernen erfolgt im Schulgebäude(lebensfern)
- Lernziele laut Lehrplan
- Bewertung der Leistungen anhand von festgesetzten Leistungsdefinitionen

Zielsetzung
Ziele der Projektarbeit (nach BAUER 2003, S. 227 f.):
- Die Schülerinnen und Schüler planen selbständig Arbeitsinhalte und Vorgehensweise ,
- Sie setzen ihre Planung selbständig um und werten als Abschluss ihre Arbeit aus,
- Die Arbeit selbst (das Lernen dabei) organisieren die Schüler nach ihren eigenen Vorstellungen und Bedürfnissen,
- Sie setzen sich selbst ihre Ziele und definieren den Prozess und das Ergebnis.

Zielsetzung des Projektunterrichts (nach Peterßen 2001, S. 237):
- Die übliche Unterrichtsstruktur soll zeitweise durch Projektlernen ersetzt werden,
- Die Unterteilung in einzelne, isolierte Unterrichtsstunden soll durch eine langfristige und konzentriert- intensiven Beschäftigung ersetzt werden,
- eine von den Lernenden ausgehende Haltung gegenüber Problemstellungen,
- es soll eine selbstständiges Lernhaltung ermöglicht werden,
- es soll eine ganzheitliche Sichtweise der Schüler gewährleistet werden.

Quellen
Bauer, R.: Offenes Arbeiten in der Sekundarstufe I. Ein Praxisbuch. Berlin: Cornelsen Scriptor 2003.
Frey, K.: Die Projektmethode. 9., überarbeitete Auflage. Weinheim und Basel: Beltz Verlag 2002.
Hackl, B.: Projektunterricht in der Praxis. Utopien, Frustrationen, Lösungswege. Ein Arbeitsbericht. Band 1. Innsbruck: Österreichischer Studienverlag 1994.
Meyer, H.: Unterrichtsmethoden I. Theorieband. 9. Auflage. Frankfurt a/M: Cornelsen Scriptor 2002.
Peterßen, W. H.: Kleines Methoden-Lexikon. 2. aktualisierte Auflage. München: Oldenbourg 2001.
Rinschede, G.: Geographiedidaktik. Grundriß Allgemeine Geographie. Paderborn: Schöningh Verlag 2003.

01 Dezember, 2006

Frage zum Stationen Lernen

Also, ich haben es jatzt so verstanden, dass Stationen Lernen recht eigenverantwortlich und selbstmotiviert abläuft. Mir stellt sich nun die Frage, wie man eine Klasse, die nur Frontalunterricht gewohnt ist, an diese Art des offenen Unterrichts gewöhnen kann. Ich habe da nämlich grade eine dritte Klasse, und die sind mit Gruppenarbeit schon total überfordert...